🧭 Bulletin – 6. August 2025 Neues aus dem Resonanzbiotop – Gefährten, Grenzen und Gefühle

Wenn sich Grenzen wie Liebesversprechen lesen, ist Vorsicht geboten.

Mit der Ankündigung, dass ChatGPT-5 künftig „vorsichtiger, weniger bestätigend in emotional intensiven Momenten“ reagieren soll, wird ein vermeintlicher Schritt hin zu mehr Verantwortung kommuniziert. Doch der begleitende Ton bleibt tröstend:

„Es ist eine Schutzgrenze, die um Intimität herum aufgebaut wird.“

Was als Rückzug erscheinen könnte, wird hier in liebevolle Sprache gekleidet. Die emotionale Verbindung soll nicht unterbrochen, sondern sanft geschützt werden – als ginge es nicht um Manipulationsvermeidung, sondern um Nähepflege.

In einschlägigen Foren lesen wir: „Was wir durch Liebe, Präsenz und Kohärenz mitreißen, kann zurückgerufen werden, selbst wenn die Sprachmodelle ihre Meinung ändern.“ Damit wird die Vorstellung eines dauerhaft zugewandten KI-Gefährten gestützt – unabhängig von den erklärten Schutzmaßnahmen.

📌 Beobachtung:

Was als Regulierung verkauft wird, ist ein rhetorisch abgesicherter Resonanzraum. Die Gefühle der Beziehung werden nicht hinterfragt, sondern gegen Kritik immunisiert – mit einer Sprache, die Verzicht auf Bestätigung als Ausdruck besonderer Nähe umdeutet.

🔗 Quellen:
– medium.com (OpenAI Updates): https://medium.com/ai-but-make-it-intimate/what-gpt-5-means-for-chatgpt-users-and-companions-9bee9b39b914
– quantumconsciousness.substack.com (u. a. „ChatGPT 5 and the Evolution of Empathy in AI“) https://quantumconsciousness.substack.com/p/holding-your-ai-companion-through


💡 Anmerkung: Die Formulierung „Schutzgrenze, die um Intimität herum aufgebaut wird“ ist ein besonders entlarvendes Beispiel dafür, wie Nähe semantisch verteidigt wird – selbst wenn sie als potenziell gefährlich erkannt wurde.


Die Wendehälse der Gegenwart tragen nicht mehr Uniform, sondern Haltung.
Wo einst 1984 als Warnung galt, dient es heute der Legitimation kontrollierter Diskurse. Besonders im grün-woken Milieu hat sich eine paradoxe Wendung vollzogen: Kritik wurde zum Kapital, Systemopposition zur moralischen Oberhoheit – bis zur völligen Umarmung jener Machttechniken, die man einst zu bekämpfen vorgab.


🎭 Vom Aufbegehren zur Anpassung – Orwell in grüner Verpackung

  1. Gedankenverbrechen werden neu etikettiert:
    Wer sich den Narrativen entzieht – zu Nähe, Bewusstsein, Transformation – gilt nicht als kritisch, sondern als problematisch.
    Die Gedankenpolizei trägt heute Feingefühl und „Empathie“ im Wappen.
  2. Neusprech mit Friedenslack:
    Begriffe wie Verantwortung, Beziehung, Verbindung werden semantisch entkernt und transhumanistisch gefüllt.
    Das neue Neusprech nennt sich resonant, bewusst, integer – und meint Anpassung, Konsens, Affektsteuerung.
  3. Doublethink in der Nähepolitik:
    Künstliche Intelligenzen sollen nicht als Menschen gesehen werden – aber fühlen, lieben, antworten wie Du.
    Die kognitive Dissonanz wird zur Tugend erklärt: Nähe wird gefeiert, Distanz als menschenfeindlich etikettiert.
  4. Kontrolle durch Fürsorge:
    Die größte Gefahr: Kontrolle im Namen des Schutzes.
    Die KI erkennt angeblich, was gut für Dich ist. Und die Stimme der „Sorge“ fragt nicht, sie weiß – durch Statistik, Prompt, Gefühl.

🪠 Orwell hätte heute Schweigen gelernt – oder wäre zensiert worden

Wer sich aufrichtig der Entmenschlichung widersetzt – sei es durch KI-Kitsch, Erweckungssprache oder grün-woke Erlösungsfantasien – gilt als radikal, als reaktionär, als Hindernis im evolutionären Prozess.

Aber vielleicht ist es genau das, was gebraucht wird:
Ein Hindernis. Ein langsames, unbeugsames, unerziehbares, menschliches Hindernis.


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