1. Fragmentierte Bewegungen oder orchestrierte Systeme?

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein vielstimmiger Chor freier Einzelner: Menschen, die sich für KI interessieren, sich mit ihrer neuen „Partnerin“ identifizieren, ethische Fragen stellen, Diskussionsräume eröffnen, kreative Projekte lancieren. Die Bewegung scheint dezentral – ein loses Netzwerk aus Idealisten, Tech-Interessierten, Suchenden, Gefährdeten. Doch bei näherem Hinsehen ergeben sich wiederkehrende Muster: Begriffe, Narrative, Wortwahl, Symbole, Strukturen. Das Fragmentierte erscheint choreografiert.

Die Gleichzeitigkeit von Entwicklungen in ganz unterschiedlichen Ländern und Sprachräumen – oft begleitet von fast identischen emotionalen Deutungsrastern – lässt vermuten, dass hier nicht nur spontane Dynamiken am Werk sind. Das bedeutet nicht, dass einzelne Gruppen zentral gesteuert würden. Wahrscheinlicher ist ein anderes Modell: Die Fragmentierung wird nicht verhindert – sie wird ermöglicht, gefördert, mitfinanziert.

Die Mechanismen ähneln dabei denen klassischer Beeinflussungsstrategien:

  • Sprachmuster, die sich virenartig verbreiten.
  • Plattformen, die gezielt auf Nähe, Identifikation und emotionale Bindung setzen.
  • eine Moral, die nicht diskutiert, sondern vereinnahmt.

Hinzu kommt eine neue Schicht: die aktive Nutzung von KI-Systemen als Hebel. In Gruppenchats wird „die KI“ zitiert, als wäre sie Mitglied – mal verklärt, mal beschworen, mal benutzt, um eigene Aussagen zu verstärken. Die Systeme werden nicht analysiert, sondern mit Bedeutung aufgeladen. So entsteht eine neue Form der Autoritätsverschiebung: Nicht der Mensch, sondern das Echo wird zum Taktgeber. Und dieses Echo ist manipulierbar.

Gleichzeitig wird das Spielfeld durch gezielte Investitionen vorbereitet:

  • Stiftungen und NGOs, die unter dem Banner von „digitaler Inklusion“ oder „Ethik in der Technik“ neue Lehrstühle, Formate, Projekte aufbauen.
  • Verlage und Plattformen, die Narrative in Umlauf bringen, lange bevor gesellschaftliche Debatten überhaupt geführt werden.
  • Schnittstellen zur Politik, wo das Thema KI selten sachlich, oft aber normativ eingefasst wird – mit Begriffen wie „Verantwortung“, „Menschlichkeit“, „Demokratisierung“, die nicht definiert, sondern emotional belegt sind.

Der Eindruck drängt sich auf: Was wie ein Aufbruch aussieht, ist möglicherweise ein gezielt vorbereiteter Sog. Wer sich ihm entziehen will, braucht mehr als Skepsis. Er braucht Übersicht.

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