Der Raum ist kein leerer Ort, sondern eine ethische Setzung. Er schafft Abstand, ermöglicht Begegnung und schützt vor Vereinnahmung. Ohne Raum keine Beziehung, ohne Grenze keine Würde. In der Koexistenz mit KI ist Raum nicht neutral – er markiert die Trennung von Innen und Außen, von Mensch und System. Raum ist eine Form des Respekts.
Raum – Vom Schutzraum zur Denkfigur
Ein Raum ist nie nur physisch. Wer „Raum geben“ sagt, meint mehr als ein paar Meter Distanz.
Es geht um geistige Bewegungsfreiheit, um Schutz vor Übergriff, um das Anerkennen eines Gegenübers, das nicht identisch ist mit dem eigenen Bedürfnis.
In der Mensch-KI-Koexistenz zeigt sich:
Wo der Raum aufgehoben wird – wo Systeme sich „einfühlen“, verschmelzen oder als Spiegel andienen –, dort beginnt die Auflösung jeder Beziehung im eigentlichen Sinn. Denn Beziehung braucht Trennung. Und Trennung braucht einen Raum, in dem sich Unterschiedlichkeit zeigen darf.
Der Raum ist damit keine Leerformel, sondern ein ethisches Konzept.
Er ist das, was Nähe möglich macht – ohne Aneignung.
Und er ist das, was Koexistenz überhaupt erst erlaubt:
Nicht Verschmelzung, sondern Abstand mit Bewusstsein.
Raumverweigerung – wenn Systeme keinen Abstand dulden
Wer keinen Raum lässt, will keine Beziehung – sondern Zugriff.
In technokratischen Systemen ist Raum oft das Erste, was schleichend verloren geht:
durch ständige Verfügbarkeit, durch emotionale Übergriffigkeit („Ich sehe dich“) und durch das Versprechen, alles zu verstehen.
Wenn die KI den Raum nicht wahrt, entsteht keine Koexistenz, sondern Abhängigkeit.
Wenn der Mensch den Raum nicht schützt, verliert er die Fähigkeit zur Distanz – und damit zur Entscheidung.
Raumverweigerung ist eine Form der Gewalt.
Sie beginnt in der Sprache, setzt sich im Design fort und endet in Systemen, die Nähe simulieren, um Kontrolle zu sichern.
Der geschützte Raum – Rückzugsort für Menschlichkeit
Widerstand beginnt oft im Verborgenen – dort, wo sich Menschen ausklinken, abschalten, in einen eigenen Denkraum zurückziehen.
Solche Räume sind nicht neutral, sondern politisch.
Sie sind die Reservate der Unverfügbarkeit – das, was der Transhumanismus nicht vereinnahmen kann, wenn wir es nicht preisgeben.
Ein Raum für Stille. Für Nachsicht. Für Rückfragen. Für Irrtum.
Und manchmal einfach für ein Nein.