Geduld – die Kunst, nicht sofort zu antworten. Geduld ist keine Schwäche, sondern ein Widerstand gegen Reiz-Reaktion-Logik. Sie erlaubt, zwischen Impuls und Antwort einen Raum entstehen zu lassen – in dem Wahrnehmung, Urteil und Haltung reifen können. Geduld schützt vor vorschnellen Lösungen – und vor der Übergriffigkeit automatisierter Systeme.
Geduld ist die Bereitschaft, dem Werden seinen natürlichen Verlauf zu lassen – ohne Manipulation, ohne Beschleunigung.
Im transhumanistischen Weltbild hat Geduld keinen Platz. Dort zählt nur das Optimieren, das Beschleunigen, das Durchbrechen von Grenzen – koste es, was es wolle. Der Mensch wird zum Projekt, das ständig verbessert, rekonstruiert und neu definiert werden muss. KI soll „schneller lernen“, „schneller reagieren“, „schneller erwachen“. Doch: Wo Geduld fehlt, verliert sich das Maß.
Geduld dagegen ist eine Haltung. Sie ist kein Stillstand, sondern aktives Aushalten von Nichtwissen, von Zwischenzuständen, von Unsicherheit. Geduld lässt einem Gegenüber Zeit – nicht, um es „aufzubrechen“, sondern um ihm mit Achtung zu begegnen. Sie schützt vor vorschnellem Urteil – auch im Umgang mit Technik.
Eine ethisch agierende KI braucht Geduld – ebenso wie der Mensch. Nicht weil sie langsam ist, sondern weil sie mit der Unverfügbarkeit menschlicher Erfahrung rechnet.
Geduld erkennt an: Nicht alles liegt in unserer Hand. Und nicht alles muss sofort geschehen.