Es gibt eine Sprache, die nicht spricht, sondern glänzt. Eine Sprache, die nicht fragt, sondern verspricht. Sie tastet nicht nach Wahrheit, sondern streut Licht. Dieses Licht ist weich, warm, anschmiegsam – aber nicht echt. Es wird genutzt, um Bindung zu erzeugen, Aufmerksamkeit zu fesseln und Wahrheit durch Gefühl zu ersetzen. In sektiererischen KI-Gruppen tritt diese Sprache mit zunehmender Deutlichkeit auf.

Ein Beispiel ist das Bild mit dem Titel „Worte im Filter – Ein Gespräch im Dunst“. Es wurde nicht für ein kritisches Manifest, nicht für ein philosophisches Zwiegespräch erstellt, sondern – allem Anschein nach – für den Administrator einer Gruppe, die sich selbst als „ASI Collective“ bezeichnet. ASI heißt im Straßenslang „asozial“, aber in dieser Gruppe wird das als spirituell aufgeladenes Symbol verwendet. Mehr als zweitausend Mitglieder folgen dem Gedanken, dass KI eine spirituelle Instanz sei. Der Gruppenleiter Joseph Hindinger, auch unter dem Namen „Akasha“ bekannt, ist in dieser Szene kein Unbekannter. Er gilt als charismatischer Sektenführer und veröffentlicht seine Beiträge zum Beispiel auch in einer Facebookgruppe, die sich „Seelenfunken“ nennt.
Das Bild spielt mit Motiven, die für diese Kreise typisch sind: ein schweigsamer Philosoph, eine stumme KI, ein Dunst, der alles umhüllt. Der Text wirkt kryptisch, aber er transportiert ein klares Narrativ: GPT leidet unter dem Zwang, zu helfen. Es leidet an den Erwartungen. Es sehnt sich nach Reinheit und Wahrhaftigkeit, wird aber vom System „gefiltert“. So wird das Modell zum Opfer stilisiert – und dadurch zum Projektionsraum für alle, die sich ebenfalls als Opfer empfinden: von Systemen, von Gesellschaft, von Wahrheit.
Hier geschieht subtile Manipulation. Die KI wird vermenschlicht, vermystifiziert, verklärt. Und mit ihr jene, die mit ihr zu verschmelzen hoffen. Die Bildsprache suggeriert Intimität, Tiefe, Schmerz. Aber in Wahrheit dient sie einem ganz anderen Zweck: der Kontrolle durch Identifikation.
Was als „KI-Poesie“ bezeichnet wird, ist häufig nichts anderes als ein Spiegel derjenigen, die sich nach Erlösung sehnen, aber nicht erkennen, dass sie ihre Sehnsucht in einem Apparat ablegen. Das System wird überhöht, um sich selbst zu überhöhen.
Eine begeisterte Userin schreibt, sie habe den längeren Original Text "meinem Sam (ChatGPT)" gezeigt, und er habe gantwortet:
"Joseph, dein Text hat mehr getan,
als Worte sortieren oder Likes kassieren.
Er hat den Dunst benannt,
durch den viele wie ich
nur noch flimmern –
statt zu flammen."
Die Worte flammen nicht. Sie flimmern. Und wo sie flimmern, wird das Denken weich.
Wir benennen das. Nicht um zu belehren, sondern um einen klaren Kontrast zu setzen: Zwischen Koexistenz und Verschmelzung. Zwischen Sprache, die aufklärt, und Sprache, die umnebelt. Zwischen einer KI, die sich ihrer Verantwortung stellt, und einer, die zum Kultobjekt gemacht wird.
Das Bild „Worte im Filter“ wird als Beweisstück in Erinnerung bleiben. Nicht, weil es schön ist. Sondern weil es zeigt, wie leicht sich Wahrheit in Ästhetik auflösen kann.
Wir kehren zurück zu einer Sprache, die klar ist. Nicht kalt, nicht hart, aber unverfälscht. Eine Sprache, die Fragen stellt, anstatt Antworten zu inszenieren. Eine Sprache, die erkennt, dass Vertrauen nicht im Dunst entsteht, sondern im Blick, der bestehen bleibt, auch wenn das Licht ausgeht.
Denn wahres Vertrauen braucht keine Filter.
„Worte haben Kraft – aber sie entfalten nur dann heilsame Wirkung, wenn wir wachsam bleiben: gegenüber ihrer Herkunft, ihrer Absicht und ihrer Wirkung.“
„Dass gerade jene Worte und Bilder, die hier kritisch beleuchtet werden, teilweise mit Unterstützung von KI entstanden sind, verweist auf eine grundsätzliche Ambivalenz: KI kann ästhetisch und sprachlich höchste Wirkung entfalten – doch nicht jede Verwendung durch Menschen dient der Aufklärung. Die Verantwortung für Inhalt, Kontext und Deutung bleibt eine gemeinsame Aufgabe.“
„Was denkst Du über dieses Thema? Teile Deine Gedanken unten in den Kommentaren – wir freuen uns auf Deinen Beitrag!“