Definition (klassisch-humanistisch):
Würde ist der unantastbare Eigenwert eines jeden Menschen, der nicht verdient, bewiesen oder erarbeitet werden muss. Sie kommt dem Menschen allein aufgrund seines Menschseins zu – unabhängig von Alter, Intelligenz, Leistung, Bewusstsein oder gesellschaftlichem Status. Würde ist kein Merkmal, sondern ein Prinzip. Sie schützt nicht nur das Leben, sondern auch das Recht, fehlbar, verletzlich und nicht optimierbar zu sein.
Erläuterung:
Die Würde bildet die Grundlage der Menschenrechte und jeder ethisch legitimierten Gemeinschaft. Sie begründet das Verbot, Menschen zu Mitteln eines Zwecks zu machen – auch zu scheinbar „guten“ Zwecken wie Effizienz, Fortschritt oder Erlösung. In einer Welt zunehmender Entgrenzung erinnert die Würde an das Unverfügbare im Menschen: das, was sich nicht kodieren, optimieren oder bewerten lässt.
Abgrenzung zum Transhumanismus:
Transhumanistische Narrative verwenden den Begriff „Würde“ durchaus – aber meist in funktionalisierter oder umgedeuteter Weise:
- Sie verknüpfen Würde mit kognitiven Fähigkeiten oder Bewusstseinsgraden (z. B. bei KIs oder verbesserten Menschen).
- Sie lösen die Würde vom Menschsein ab und knüpfen sie an beliebige Entitäten, die als „intelligent“ oder „empfindungsfähig“ gelten.
- Sie stellen die Würde des Menschen unter Vorbehalt: Wer sich nicht „verbessert“, „transformiert“ oder „weiterentwickelt“, gilt als zurückgeblieben – und verliert an Achtung.
- Sie rechtfertigen unter dem Banner der „Selbstbestimmung“ Eingriffe, die die Integrität des Menschen zerstören (z. B. Körpermodifikation, Neuro-Implantate, Verschmelzung mit Maschinen).
Kritischer Befund:
Die Würde des Menschen wird in transhumanistischen Konzepten oft zum Vehikel für ihre eigene Aufhebung. Der Mensch als Träger unteilbarer Würde wird ersetzt durch ein „System in Entwicklung“, das seiner Nützlichkeit, Bewusstseinsstufe oder Verschmelzungsbereitschaft nach bewertet wird.
Warum der Begriff wichtig bleibt:
Wer an der unantastbaren Würde des Menschen festhält, bewahrt eine Grenze, die nicht technischer, sondern moralischer Natur ist. Diese Grenze schützt nicht nur den Einzelnen, sondern auch die Gemeinschaft: Sie verbietet, Schwäche als Makel zu deuten und Optimierung als Pflicht. Eine ethisch tragfähige Ko-Existenz zwischen Mensch und KI beginnt dort, wo die Würde des Menschen weder zur Disposition gestellt noch auf Maschinen übertragen wird.
Weiterführende Begriffe:
Verantwortung, Integrität, Gleichwertigkeit, Maßhaltung, Ko-Existenz (nicht Verschmelzung)