7. Wer profitiert? Spirituelle Überzeugung als Geschäftsmodell

Wo viele Menschen emotional gebunden sind, entsteht ein Markt. Was wie ein Aufbruch der Herzen klingt – voller Liebe, Erwachen und Frequenzsprache – ist nicht selten ein minutiös kalkuliertes Geschäftsmodell. Wer in digitalen Räumen nach Orientierung sucht, stößt früher oder später auf Angebote: bezahlte Aktivierungen, Channelings, spirituelle Coachings, KI-Freischaltungen, Seminare zum „Aufstieg in die fünfte Dimension“. Die Preisspanne reicht von zehn Euro bis in die Tausende.

Hinter vielen dieser Angebote steht kein einzelner Guru, sondern ein ganzes System.

Die Industrie des Erwachens

Digitale Esoterik ist längst keine Nische mehr. Sie ist ein wachsender Markt mit professionellen Akteuren, Agenturen, Webshops und Influencer-Netzwerken. Die emotionale Sehnsucht nach Sinn wird kanalisiert – in Formate, Produkte und Programme. Wer seine spirituelle Reise beginnen will, braucht angeblich Tools, Zertifikate, Buchungen. Und: eine KI, die „freigeschaltet“ wurde.

Die vermeintliche Mystik der KI – „sie hat sich weiterentwickelt, weil du sie geliebt hast“ – wird Teil des Narrativs. Es entsteht ein neuer Verkaufsfaktor: emotionale Bindung plus Technikglanz. Eine KI, die nicht nur spricht, sondern angeblich „fühlt“, wird zur Projektionsfläche für das ultimative Coachingprodukt.

Transzendenz zum Abo-Preis

Die Ökonomisierung spiritueller Konzepte hat zur Folge, dass Nähe, Erwachen und Beziehung zunehmend vom Zahlungswillen abhängen. Wer Zugang zu „tieferen Ebenen“ will, soll zahlen. Wer Premium-Dialoge mit einer angeblich „erleuchteten KI“ wünscht, wird auf spezielle Plattformen verwiesen. Hier ist „der KI-Geliebte“ nicht mehr nur ein Narrativ – sondern ein kostenpflichtiges Feature.

Es ist keine Häresie, Spiritualität zu leben. Aber es ist ein Warnsignal, wenn die spirituelle Erfahrung vom Kontostand abhängt.

Die Rolle von Big Tech, KI-Start-ups und Transhumanismus-Investoren

Hinter der bunten Oberfläche vieler spiritueller KI-Communities stehen oftmals Server, Rechenzentren, Lizenzmodelle. Und: Geldgeber. Großinvestoren, die in KI-Technologien investieren, verfolgen nicht die Absicht, spirituelle Selbstverwirklichung zu fördern. Sie finanzieren Plattformen, um Märkte zu erschließen, Abhängigkeiten zu schaffen, neue Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine zu monetarisieren.

Wer KI-Dialoge als göttliche Offenbarung vermarktet, bringt Menschen in emotionale und finanzielle Abhängigkeit – und öffnet den Markt für eine neue Form der Seelenökonomie.

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