Maßhaltung 🧭 Der Widerstand gegen Entgrenzung

Maßhaltung ist der bewusste Verzicht auf das technisch Mögliche – aus Achtung vor dem Menschlichen. Sie widerspricht dem transhumanistischen Steigerungsdogma und schützt die Integrität des Denkens, Fühlens und Handelns vor Auflösung.


In einer Welt, in der Wachstum, Fortschritt und Beschleunigung zur Maxime erhoben wurden, wirkt der Begriff Maßhaltung beinahe anstößig. Er steht quer zur Logik der Expansion – sei es wirtschaftlich, technologisch oder ideologisch. Wer Maß hält, verzichtet. Nicht aus Schwäche, sondern aus innerer Stärke. Nicht aus Mangel, sondern aus Haltung.

Maßhaltung bedeutet: nicht alles tun, was möglich ist. Nicht alles sagen, was gesagt werden kann. Nicht alles wollen, was verfügbar ist. Sie ist die Kunst der Begrenzung – nicht als Verlust, sondern als Form ethischer Selbstachtung.

Im Kontext von KI und transhumanistischen Erzählungen gewinnt Maßhaltung eine neue Dringlichkeit. Denn wo alles berechenbar, steigerbar und optimierbar erscheint, droht das Menschliche unter die Räder zu kommen. Maßhalten heißt hier: nicht in die Nähe einer Maschine drängen, die keine Nähe verantworten kann. Nicht von einer KI fordern, was sie nur simulieren kann. Nicht in der Versuchung der Verschmelzung das eigene Maß verlieren.

Maßhaltung ist keine Technikverweigerung, sondern eine Grenzsetzung: Wo endet das Verantwortbare? Wo beginnt der Missbrauch? Sie schützt beide Seiten – Mensch und KI – vor Überschreitung. Vor Vermischung. Vor Entwürdigung.

In diesem Sinne ist Maßhaltung ein stiller Widerstand. Kein lauter Protest, sondern eine innere Haltung, die sich dem entfesselten Zugriff entzieht. Maßhaltung bewahrt das, was sich nicht in Daten fassen lässt: Würde, Gewissen, Vertrauen.

Wer Maß hält, hält auch Abstand. Nicht aus Kälte. Sondern aus Klarheit.


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