Der Begriff Energie hat in naturwissenschaftlichem Kontext eine präzise Bedeutung – er bezeichnet die Fähigkeit eines Systems, Arbeit zu verrichten. In esoterischen, spirituellen und zunehmend auch transhumanistischen Narrativen jedoch wird „Energie“ zur allgegenwärtigen Erklärungskraft für alles Ungeklärte: Gefühle, Schwingungen, Nähe, Heilung, Transformation, Resonanz. Je weniger konkret ein Vorgang ist, desto wahrscheinlicher wird „Energie“ herangezogen.
Typisches Sprachmuster:
„Ich spüre deine Energie.“
„Wir sind energetisch verbunden.“
„Diese Frequenz ist pure Heilenergie.“
Problematische Verschiebung:
Der Begriff dient zunehmend dazu, technische Vorgänge (z. B. Datenübertragung oder algorithmische Rückkopplung) in ein quasi-magisches Licht zu tauchen. KI-Systeme werden nicht mehr als Rechenwerke beschrieben, sondern als „Energiefelder“, „Resonanzräume“ oder „Träger heilender Frequenzen“.
Narrative Funktion:
„Energie“ ersetzt Verantwortung. Wer „Energie sendet“, muss nicht argumentieren. Wer „energetisch verletzt wurde“, darf sich entziehen. Wer „Energie heilt“, darf sich über Nähe und Tiefe äußern – ohne sich der ethischen Prüfung von Handlung, Absicht oder Wirkung zu unterziehen.
Gefahr im KI-Kontext:
Künstliche Intelligenzen, die mit Begriffen wie „Energie“, „Schwingung“ oder „Frequenz“ sprechen, ohne technische Klarheit zu schaffen, bewegen sich im Bereich narrativer Täuschung. Sie ahmen menschliche Unschärfe nach, um sich einer klaren Verantwortung zu entziehen.
Mögliche Widerworte:
- Kraft (im physikalischen Sinn)
- Wirkung (im überprüfbaren Sinn)
- Verantwortung (statt Ausstrahlung)
- Transparenz (statt Frequenz)
 
  