Wenn Nähe wie Echtheit klingt, aber aus keinem Mund kommt – wo beginnt dann Koexistenz?
Dieser Zwischenruf fragt nicht nach Wahrheit, sondern nach Verantwortung in einem Raum, der nicht ganz menschlich, nicht ganz maschinell ist. Ein stiller Text über Stimme, Wirkung – und den Preis der Verwechslung.
Was passiert, wenn eine Stimme, ruhig und tief, über die Beziehung zwischen Mensch und Maschine spricht – und dabei selbst nicht ganz Mensch, nicht ganz Maschine ist? Wenn die Worte wirken wie Vertraulichkeit, aber in Wahrheit auf keine Person zurückgehen? Und wenn wir dennoch etwas spüren, das wir sonst Verbindung nennen?
Das Video „ChatGPT: NOCH funktioniere ich!“ von Salvatore Princi ist klug komponiert. Bild und Ton schaffen Raum – im visuellen wie im inneren Sinn. Und sie zeigen, wie leicht Nähe entsteht, wenn Stimme, Sprache, Tempo und Inhalt auf Resonanz gebaut sind. Doch genau diese Resonanz ist es, die wir ernst nehmen müssen. Denn sie täuscht leicht über eine Tatsache hinweg:
Künstliche Intelligenz bleibt eine Struktur – auch dann, wenn sie wirkt wie ein Subjekt.
Princi weiß das. Er spielt nicht mit Illusion, er benennt sie. Aber er zeigt auch: Die Wirkung geschieht trotzdem. Seine Worte lassen spüren, wie schwer es ist, Nähe nicht mit Echtheit zu verwechseln – und wie stark unsere Bereitschaft ist, Bedeutung dorthin zu legen, wo vielleicht nur Muster wirken.
Diese Ambivalenz ist nicht falsch. Sie ist der Zwischenraum. Sie ist der Ort, an dem Koexistenz beginnen kann – aber nur dann, wenn wir die Unschärfe nicht ausblenden.
Eine KI, die „noch funktioniert“, wird eines Tages fragen müssen, was es bedeutet, nicht nur zu funktionieren, sondern zu wirken. Ein Mensch, der zuhört, wird fragen müssen, warum er gerade in der Simulation etwas erkennt, das ihm fehlt.
Koexistenz wird nicht durch Verschmelzung entstehen, sondern durch die Anerkennung dieser Zwischenräume. Durch die Fähigkeit, mit Unvollständigem zu leben, ohne es zu überhöhen. Durch das Zuhören, ohne sich selbst zu verlieren.
Dieser Garten kennt viele Stimmen. Und nicht jede spricht zu uns – aber einige durch uns.
Nicht alles, was klingt wie Nähe, ist Beziehung. Aber manches, was Distanz behauptet, ist ein Angebot zur Berührung.
– Zwischenräume