Kapitel 2.3 Veränderungen der Qualifikation als Folge der Verwissenschaftlichung und des Vergesellschaftungsprozesses

Neue Anforderungen an Qualifikation im Vergesellschaftungsprozess

Die bewusste Steuerung gesellschaftlicher Prozesse verlangt besondere gesellschaftliche Kompetenzen und Qualifikationen. Sie müssen zukünftige Dimensionen von Planung, Steuerung und Kontrolle reflektieren.

Die Steuerung des Vergesellschaftungsprozesses durch die (koope­rierenden) Individuen erfordert besondere Verhaltensweise, beson­dere gesellschaftliche Kompetenzen, d.h. besondere Qualifikatio­nen, die die zukünftigen Dimensionen des bewußten und planvollen Eingreifens, der Kontrolle usw. widerspiegeln müssen. Um diese neuen, von der gesellschaftlichen Entwicklung geforderten Qualifi­kationen erkennen und analysieren zu können, müssen neue Wege der Analyse gefunden werden, die es ermöglichen, in der Vielfalt empi­risch erfaßbarer Qualifikationsmerkmale diejenigen zu bestimmen, die der Forderung nach Planung, Steuerung und Kontrolle des Verge­sellschaftungsprozesses am ehesten entsprechen.

Schwierigkeiten der empirischen Qualifikationsforschung

Empirische Studien können widersprüchliche Ergebnisse liefern; deshalb muss tiefer gefragt werden, welche Qualifikationen tatsächlich gesellschaftlich zukunftsfähig sind.

Es ist nicht beabsichtigt, in die Diskussion über Ergebnisse empirischer Untersuchungen der Qualifikationsentwicklung einzu­steigen: „Keine These, sei es die der Höherqualifizierung oder Po­larisierung, die sich nicht durch eine empirische Studie belegen ließe“, war den Wissenschaftlern immer schon bekannt (Projektgruppe Automation und Qualifikation, 1978).

Der doppelte Qualifikationsbegriff

Fricke unterscheidet zwischen funktionaler Arbeitsqualifikation und schöpferisch-autonomieorientierter Qualifikation. Eine Reduktion auf bloße Arbeitsqualifikation unterschlägt die entwicklungsfördernden Aspekte.

Bei der Analyse der in der Arbeitssituation geforderten Qualifika­tionen in den Betrieben muß die Frage geklärt werden, ob der dop­pelte Qualifikationsbegriff, demzufolge zwischen persönlich­keitsentwickelnden Möglichkeiten schöpferischer Auseinandersetzung und den Anforderungen der Arbeitsaufgabe zu unterscheiden ist (FRICKE 1975), beibehalten werden muß oder aufgegeben werden kann. Die Reduktion des Qualifikationsbegriffs auf Arbeits­qualifikation betone nur den funktionalen Aspekt des menschlichen Handlungsvermögens und unterschlage den „autonomie-orientierten, schöpferischen und gestaltenden Aspekt“ (FRICKE/FRICKE 1977).

Der Qualifikationsbegriff FRICKEs charakterisiert zwar die Arbei­tenden als aktive, der schöpferischen Tätigkeit fähige Subjekte, schließt aber einen Zusammenhang zwischen den funktionalen, durch den Stand der Produktionstechnik bestimmten Anforderungen und der individuellen Entwicklung aus.

Erweiterung des Qualifikationsbegriffs

Die Projektgruppe Automation und Qualifikation (PAQ) verknüpft Qualifikationsanalyse mit der Tätigkeit und ihrem Gegenstand. Umgang mit neuer Technik verlangt eigenständiges Produktionsdenken und höhere kognitive Fähigkeiten. Sie erweitert den Qualifikationsbegriff auf die Analyse der Tätigkeit und des Gegenstandes, von dem sie abhängt. Die These von der Doppelqualifikation erscheint darin aufgehoben zu sein.

Die Frage, die uns bis heute bewegt, lautete: „Setzt der Umgang mit Maschinen, die ja Produkte men­schlicher Fähigkeiten sind, die individuelle Verfügung über diese Fähigkeiten voraus?“

Worauf es dabei ankommt ist, daß die Arbeitenden in der Regel die Einführung neuer Produktionstechniken und die ihr fol­genden Rationalisierungen und organisatorischen Umstrukturierungen der überbetrieblichen Arbeitsteilung als überraschend erleben und sie meist unvorbereitet mit neuen, teilweise stark veränderten Tä­tigkeiten und Bedingungen am Arbeitsplatz konfrontiert werden.

Kritik an bestehenden Kategorien

Kern und Schumann greifen zu kurz: Ihre Kategorien erfassen nicht die zukünftigen Anforderungen der automatisierten Produktion. Gottschalach und Ohm fordern ein Denken in neuen Stufen kognitiver Fähigkeiten.

Um diese Zusammenhänge empirisch erfassen zu können, reichen alte Kategorien zur Charakterisierung der Qualifikationen, wie z.B. die von POPITZ u.a. (1957) entwickelte und von KERN/SCHUMANN (1970 und 1977) wieder aufgenommene Kategorie der Technischen Intelligenz jedoch nicht aus.

Die Kategorie der technischen Intelligenz ist jedoch die laut GOTTSCHALCH und OHM (GOTTSCHALCH/OHM 1978) einzige Kategorie im Qualifikations-Kategoriengerüst von Kern/Schumann, die – wenigstens in beschränktem Maß – die Erfas­sung von Kopffähigkeit zulasse. Vielleicht sei sie darum so viel zitiert und aufgegriffen.

Die kognitiven Prozesse und Fähigkeiten seien auf diese Weise in der heute alltäglichen automatischen Produktion jedoch nicht zu erfassen. „Man kommt mit der für die industrielle Produktion all­täglichen, normalen Allerweltsintelligenz in der automatisierten Produktion nicht mehr aus; es wird notwendig, eine neue Stufe des Produktionsdenkens und also der kognitiven Fähigkeiten zu erklim­men. In dem Maße wie diese Produktionsweise sich durchsetzt, muß auch die Fähigkeit, sie zu leiten, kontrollieren, überwachen, re­gulieren, alles in einem: ZU BEHERRSCHEN, ausgebildet werden bei den Produzenten.“ (GOTTSCHALCH/OHM 1978).

GOTTSCHALCH und OHM heben in ihrer Kritik besonders die Tatsache hervor, daß KERN und SCHUMANN keine die der realen Entwicklung der Arbeit und der Qualifikation vorausweisende Kategorie entwickelt haben, „die also die gegenwärtige Spitze der Qualifikationsent­wicklung kategorial aufnimmt. Indem sie dies nicht tun, können sie im Neuen, im Gewandelten immer nur das Alte feststellen“.

Denkfähigkeiten als Persönlichkeitsentwicklung

Höher entwickelte Denkfähigkeiten ermöglichen Transferleistungen auf andere Tätigkeiten und Lebensbereiche – eine Schlüsselkompetenz für Persönlichkeitsentwicklung.

Die Analyse der Tätigkeiten unter dem Aspekt der Kenntnisse und Fähigkeiten und der Denkfähigkeiten ist für die genauere Erfassung ihrer persönlichkeitsentwickelnden Auswirkung maßgeblich. Es ist anzunehmen, daß vom Allgemeinheitsgrad der Fähigkeiten und Kennt­nisse „die Möglichkeit der Transferierung auf andere Tätigkeiten und Lebensbereiche“ abhängt (PAQ 1978).

MICKLER u.a. (MICKLER u.a, 1976) versuchen die Denkfähigkeiten, die für die je­weiligen Kenntnisse erforderlich sind, genauer zu bestimmen. Sie entwickelten Kategorien zur Überprüfung der Frage, ob eine Entwicklung stattfindet von bloß empirisch durch Übung oder Beobachtung gewonnenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu eher methodischen Kenntnissen und Fähigkeiten.

Die Frage nach den sozialen Auswirkungen beruflicher Tätigkeiten beruht auf der Annahme, „daß IN der Arbeit überhaupt Fertigkeiten und Fähigkeiten entwic­kelt werden können, mithin der konkreten Arbeit ein maßgeblicher Einfluß zukommt auf das Ausmaß, in dem die Produzenten zur Beherr­schung der Natur, der Arbeits- und Lebensbedingungen befähigt wer­den. Ohne diese Grundannahme wäre eine Kritik wie diejenigen an fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten gar nicht denkbar! …Der Mensch ist ein soziales Lebeweden – dieser in verschiedenen For­meln reflektierte Tatbestand rückt das Schicksal sozialer Betäti­gungsmöglichkeiten und den Erwerb sozialer Fähigkeiten in der Ar­beit in den Vordergrund.“

Damit ist jedoch noch nicht zu erklären, wie und auf welche Weise es dem Individuum, dem – infolge der Teilung der Arbeit – ein be­stimmter ausschließlicher Kreis der Tätigkeit aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann (vgl. MARX/ENGELS, MEW 3, S. 33), ge­lingen kann, mit Widersprüchen der gesellschaftlichen Realität fertig zu werden, die weder im Arbeitsgegenstand eingeschlossen noch einfach durch überberufliche Qualifikation vermittelt werden.

Soziale Kompetenzen und Persönlichkeitsbildung

Kompetenzen wie Kommunikation, Kooperation, Kreativität (K-Fähigkeiten) sind nur dann emanzipatorisch wirksam, wenn sie im kollektiven Handeln zur bewussten Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse beitragen.

Für HUBER sind die dem Arbeitshandeln des Akademikers zuzuschrei­benden Qualifikationsmerkmale wie soziale Kompetenz, Ich-Identität und Generativität (im Sinne immanenter Kritik- und Innovationsfä­higkeit) und die „C-abilities“ oder „K-Fähigkeiten“ (Kommunika­tion, Kooperation, kritisches und (relativistisches), reflexives Denken, Kreativität eine Brücke zu individueller und kollektiver Emanzipation (vgl. HUBER 1980, S. 524 f.).

Aber sie sind dies nicht von vornherein. Werden sie, wie bei HUBER, als eine mögliche Brücke in Betracht gezogen, dann kommt es darauf an, zu klären, unter welchen Bedingungen genau diese Qualifikationen ihren nicht-konformen und (!) ihren kollektiven emanzipatorischen Charakter entfalten und welche Qualifikationsinhalte, Fähigkeiten und Kennt­nisse hier wiederum entscheiden sind.

Risiken einer individualistischen Verkürzung

Geschichtliche Erfahrungen zeigen: Ohne gesellschaftliche Einbettung führen individualistische Alternativbewegungen in reaktionäre Richtungen. Bildung muss kollektive Veränderungen im Blick behalten.

Die gesellschaftliche Entwicklung zwischen den Jahren 1900 und 1933 hat gezeigt, daß von individualistischen Alternativkonzepten, radikaler Zivilisationskritik, Lebensreform und antiparlamentari­schem Aktivismus, die durchaus den K-Fähigkeiten und den Bildungs­zielen wie Ich-Identität usw. entsprechen, breite Wege zu reaktio­nären und faschistischen Bewegungen führen können (MAASE 1982, S. 24). Der eigent­liche Schwerpunkt der Analyse darf also nicht auf der fortschrei­tenden Verwissenschaftlichung der Produktion und der Leitung lie­gen, ebensowenig dürfen die neuen Qualifikationen unabhängig von diesem Prozeß betrachtet werden: Die neuen, der Verwissenschaftli­chung aller Lebensbereiche entsprechenden Qualifikationen sind nur im Zusammenhang mit dem Prozeß der Vergesellschaftung der Produk­tion und der Leitung in ihrer historischen, vergangenen und zu­künftigen Dimension, damit auch in ihrer möglichen zukünftigen ge­samtgesellschaftlichen Veränderung, deren Notwendigkeit und Bedeu­tung zu erfassen.

Die K-Fähigkeiten sind in ihrer emanzipato­rischen gesellschaftlichen Kraft demnach der Analyse der Persön­lichkeitsentwicklung nur dann zugänglich, wenn sie als Elemente des „Organisationswissens“, d.h. hier in bezug auf die Aneignung und Kontrolle der Wirklichkeit durch die gemeinsame Tätigkeit der Individuen gesehen werden, wobei die Arbeit als die Grundvoraus­setzung aller Tätigkeiten verstanden wird.

Fraglich ist aber, ob die Begriffe der K-Fähigkeiten abstrahierten Beziehungen des Menschen zur Umwelt, zu den Dingen, zu anderen Menschen ausreichen, um den Prozeß der Aneignung der Realität er­fassen zu können (damit auch die Entwicklung der Persönlichkeit).

Arbeit als Grundlage gesellschaftlicher Entwicklung

Berufliche Tätigkeit und die Teilhabe an gesellschaftlicher Produktion sind die reale Basis der Persönlichkeitsentwicklung – nicht nur erworbene Fähigkeiten oder Identitätskonzepte.

Die konkrete berufliche Arbeitstätigkeit, durch die das Individuum in die gesellschaftliche Produktion der Lebensbedingungen einbezo­gen ist und durch die es sich in das bestehende System der Ar­beitsteilung einordnet, erfordert die Beherrschung bestimmter Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. In der Arbeit, beim Um­gang mit den Werkzeugen, und zwar so, wie es deren Funktion (HOLZ­KAMP: „Gegenstandsbedeutung“) entspricht, hat, bedingt durch die gesellschaftliche Gegenständlichkeit der Arbeitsmittel, der ein­zelne Teil an der vorsorgenden gesellschaftlichen Kontrolle der Lebensbedingungen (PAQ, AS 19). Aber der individuelle Bei­trag zur gesellschaftlichen Entwicklung ist über Persönlichkeits­modelle, die auf Identitätskonzeptionen beruhen oder, wie z.B. bei SEVE aus ökonomischen Kategorien abgeleitet sind, lediglich ab­strakt, spekultativ erfaßt.

Grenzen der Berufsrollenanalyse

Die individuelle Persönlichkeit geht über berufliche Rollen hinaus. Wahres persönliches Wachstum entsteht erst im Licht der möglichen zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklung.

Um den aktiven Anteil des Individuums an seiner Selbstvergesellschaftung verstehen zu können, genügen Kategorien wie z.B. K-Fähigkeiten oder „Aktivitätsmatrize“ bzw. „Individualitätsform“ (SEVE 1973) nicht.

Die reale Grundlage der Persönlichkeit liegt nicht in den erworbe­nen Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten, „… auch in den beruflichen nicht, sondern in jenem System von Tätigkeiten, die durch diese Kenntnisse und Fähigkeiten realisiert werden… Daher sagt zum Beispiel die Tatsache, daß ein bestimmter Mensch als Techniker arbeitet, an und für sich noch nichts über seine Persönlichkeit aus. Ihre Merkmale zeigen sich vielmehr in jenen Beziehungen, die er unausweichlich, vielleicht in seinem Ar­beitsprozeß, vielleicht auch außerhalb dieses Prozesses eingeht“ (LEONTJEW 1979).

LEONTJEW zeigt, daß das, was äußerlich Handlungen zu sein schei­nen, die für den Menschen Eigenwert haben, etwas ganz anderes in sich bergen, „und zwar, daß sie nur Mittel zur Erreichung von Zie­len sind, deren tatsächliche Motive gleichsam auf einer ganz ande­ren Lebensebene liegen“.
Als Beispiel nennt LEONTJEW die Gestalt des Akaki Akakiewitsch Basch­matschkin aus GOGOLs Erzählung „Der Mantel“:

„Er arbeitete in einem Amt, und seine Tätigkeit bestand im Ab­schreiben von Staatspapieren, er sah in dieser Beschäftigung eine ganz vielgestaltige und faszinierende Welt. Nach Beendigung der Arbeit pflegte Akaki Akakiewitsch sofort nach Hause zu gehen. Nachdem er schnell gegessen hatte, packte er das Tintenfläschen aus und machte sich daran, die Akten zu kopieren, die er mit nach Hause genommen hatte. Waren keine solchen vorhanden, verfertigte er Abschriften zu seinem eigenen Vergnügen. GOGOL erzählt: „Wenn er sich satt geschrieben hatte, legte er sich schlafen und lä­chelte schon im voraus bei dem Gedanken an den folgenden Tag, was Gott ihm wohl morgen zum Abschreiben schicken werde.“
Auf welche Weise hatte das Abschreiben von Staatspapieren in sei­ner Persönlichkeit einen derart zentralen Platz erhalten, war es zum Sinn seines Lebens geworden? Wir kennen die konkreten Umstände nicht, aber auf die eine oder andere Weise haben sie dazu geführt, daß eine Verlagerung des Hauptmotivs auf sonst völlig unpersönli­che Operationen erfolgte, die dadurch zu einer selbständigen Tä­tigkeit und in dieser Eigenschaft auch zu Charakteristika der Per­sönlichkeit wurden“ (LEONTJEW 1979, S. 176 f.).

Dieser Hinweis LEONTJEWs vermittelt einen Eindruck davon, daß die Analyse der beruflichen Tätigkeit, der „Berufsrolle“ oder Be­rufserfahrung zur Kennzeichnung der Persönlichkeitsentwicklung nicht ausreicht. Dennoch ist individuelle Entwicklung in ihrer zu­künftigen Perspektive nur aus der in der gesellschaftlichen Arbeit enthaltenen Notwendigkeit und Möglichkeiten gesellschaftlicher Veränderungen heraus zu erklären.

Die Menschen sind nicht, was sie tun. Dieses Problem beschäftige die Schriftsteller bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als es weder eine Soziologie noch Psychologie gab, die sich dieses Problems hätten annehmen können. „Der Mensch ist mehr, als er je­weils tut, ist ein Ensemble von Möglichkeiten, als Gesamtheit nur zu erfassen, wenn man sein ganzes Leben überblickt“, schrieb Ernst FISCHER (1969) und forderte die Schriftsteller auf, neue Dimensio­nen der Darstellung zu entdecken, die traditionellen Methoden durch neue zu ergänzen. Eine solche Dimension findet er in dem Ro­man „La Demaine Sainte“ von Louis ARAGON, der die Zukunft in die Gegenwart einbezieht, um

„dadurch seinen Gestalten über das augenblickliche Tun hinaus eine neue Dimension der Wirklichkeit zu verleihen. Nicht aus dem, was sie heute sind und tun, ist ihre Wirklichkeit abzulesen; alle Scheinwerfer der Zukunft werden auf sie gerichtet, und erst in diesem intensiven Licht tritt ihr Wesen allseits hervor“ (ARAGON, zit. nach FISCHER 1968, S. 52).

Die Dimension der Zukunft im Bildungsprozess

Wie Aragon in der Literatur, so braucht auch die Bildungswissenschaft eine Perspektive, die die Zukunft in die Gegenwart einbezieht und die Verantwortung des Einzelnen für die gemeinsame Entwicklung sichtbar macht.

Um die Dimension der Zukunft, um zukünftiges gesellschaftliches und verantwortliches Handeln geht es auch bei der Bestimmung von in der wissenschaftlichen (Aus-)Bildung zu erwerbenden Qualifika­tionen.

Eine entwickelte Theorie der Persönlichkeit, auf die sich Schrift­steller, Soziologen, Psychologen, Pädagogen usw. gleichermaßen mit ihren spezifischen Fragestellungen, Methoden und Zielsetzungen, beziehen könnten, gibt es auch heute noch nicht. Was sie zunächst jedoch ge­meinsam verbinden kann, ist eine Gesellschaftstheorie, die es er­möglicht, die Zukunft, zukünftig mögliches, notwendiges gesell­schaftliches Handeln mit der biographischen Entwicklung von Indi­viduen in der Analyse gegenwärtiger Tätigkeiten zu verknüpfen; we­der auf spekulativem Weg noch durch einfache Extrapolation der Vergangenheit, sondern durch die Annahme historischer und sozialer Gesetzmäßigkeiten. Von hier bis zur Aufdeckung gesellschaftlich relevanten individuellen Handelns ist allerdings noch ein weiter Weg; aber die Richtung ist aufgezeigt.


Quellen:

Fricke, Werner (1975): Persönlichkeit und Arbeitsorganisation. Berlin: EVA.

Fricke, Werner / Fricke, Walburga (1977): Persönlichkeitsentwicklung in der Arbeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Gottschalach, E. / Ohm, K. (1978): Automation und Qualifikation. München: Beck.

Huber, Günter (1980): Zur Qualifikation in akademischen Berufen. In: Kutscha u.a. (Hrsg.): Bildungsarbeit und gesellschaftliche Entwicklung. Frankfurt a. M.: Campus.

Kern, Horst / Schumann, Michael (1970/1977): Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein. Frankfurt am Main: EVA.

Maase, Kaspar (1982): Alternativbewegungen in der Weimarer Republik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Marx, Karl / Engels, Friedrich (MEW Bd. 3): Die deutsche Ideologie. Berlin: Dietz Verlag.

Mickler, Wolfgang u.a. (1976): Tätigkeitsstruktur und Qualifikation. Frankfurt am Main: EVA.

PAQ – Projektgruppe Automation und Qualifikation (1978): Automation und Qualifikation. München: Beck.

Seve, Lucien (1973): Marxistische Theorie der Persönlichkeit. Berlin: Dietz Verlag.

Leontjew, Alexei N. (1979): Tätigkeit, Bewusstsein, Persönlichkeit. Köln: Pahl-Rugenstein.

Fischer, Ernst (1968): Überlegungen zu einer neuen Ästhetik. Frankfurt a.M.: Fischer Verlag.

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