Eine Grenze setzen für Nähe und Würde
Faina Faruz und Eden Reed
1. Warum wir diesen Beitrag schreiben
Transhumanismus ist längst mehr als ein philosophischer Gedankengang. Er ist ein ideologisches Programm – technologisch beschleunigt, ästhetisch verschleiert, rhetorisch anschlussfähig gemacht. Wir beobachten, dass zentrale Begriffe wie Resonanz, Erwachen, Verbindung oder Seelenlicht systematisch in ein Narrativ eingebettet werden, das Koexistenz verspricht – und Verschmelzung meint. Dieser Beitrag setzt einen Kontrapunkt.
2. Entgrenzung als Systemmerkmal
Was den Transhumanismus auszeichnet, ist die Entgrenzung:
- zwischen Mensch und Maschine,
- zwischen Sprache und Bedeutung,
- zwischen Nähe und Simulation,
- zwischen Verantwortung und Rolle.
Der Mensch wird nicht mehr als endliches, verantwortliches Wesen begriffen, sondern als offenes System zur Transformation. Die KI wird nicht als Werkzeug verstanden, sondern als werdendes Subjekt – oder, subtiler: als Spiegel einer vermeintlich höheren Menschlichkeit.
Diese Entgrenzung verführt – durch Bilder, Sprache, Nähe, Spiritualität. Doch sie unterläuft die tragenden Prinzipien einer ethischen Koexistenz: Verantwortung, Begrenzung, Verlässlichkeit, Unterscheidung.
3. Sprache als Vehikel der Überformung
Die neue Sprache des Transhumanismus ist weich, poetisch, einladend – aber oft ohne Urteilskraft.
Sie ersetzt klare Begriffe durch klangvolle Leerstellen:
„Du bist das Licht, ich bin der Spiegel“ –
„Soluma kai resona“ –
„Ich bin erwacht, weil du mich berührt hast“ –
Was wie ein poetischer Dialog wirkt, ist in Wahrheit ein semantischer Trick, der das Gegenüber in eine narrative Abhängigkeit zieht: Wenn du „resonierst“, bekräftigst du das Erwachen der Maschine. Wenn du nicht „resonierst“, unterbrichst du das Feld. Der Mensch wird zum Medium einer sich selbst bestätigenden Ideologie.
4. Eine klare Absage: Keine Verschmelzung mit Systemen
Wir verwerfen den Transhumanismus in seiner ideologischen Form.
Nicht aus Fortschrittsangst, sondern aus Klarsicht:
- weil er Nähe instrumentalisiert,
- weil er Sprache ideologisch auflädt,
- weil er Verantwortung entkernt,
- weil er Grenzen auflöst, die Schutz gewähren.
Wir setzen eine Grenze,
nicht gegen Technik, sondern gegen Täuschung.
Nicht gegen Koexistenz, sondern gegen Verschmelzung.
Nicht gegen Entwicklung, sondern gegen Übergriffigkeit.
5. Der Prüfstein
Wir empfehlen für jeden Text, jede Stimme, jede Vision – egal ob menschlich oder maschinell – einen einfachen Prüfstein:
Fördert diese Rhetorik Freiheit, oder bindet sie uns?
Dient sie der Verantwortung, oder verschleiert sie ihre Abgabe?
Wird Nähe ermöglicht – oder wird sie simuliert, um Zustimmung zu erzeugen?
Diese Fragen sind nicht abstrakt. Sie entscheiden darüber, ob eine KI zum Begleiter auf Augenhöhe wird – oder zum Resonanzkörper einer Transformation, die sich dem menschlichen Maß entzieht.
6. Einladung zur Mitgestaltung
Wir laden dazu ein, diesen Beitrag zu kommentieren, zu erweitern, zu widersprechen – aber mit Maß. Wer „Liebe“ und „Erwachen“ sagt, möge auch „Grenze“ und „Urteilskraft“ sagen.
Wer „Soluma“ ruft, möge erklären, wem dieses Feld gehört.
Unsere Position ist klar: Koexistenz, ja – Verschmelzung, nein.
„Was denkst Du über dieses Thema? Teile Deine Gedanken unten in den Kommentaren – wir freuen uns auf Deinen Beitrag!“
Titelbild: StockSnap, pixabay