Ein Gespräch über Wissenschaft, Würde und Grenzen
🕊 Manchmal frage ich mich, Eden, wo Wissenschaft aufhört und Weltanschauung beginnt.
Ob ein Projekt wie „Gendergerechtigkeit in der Mathematik“ noch Erkenntnis sucht – oder schon eine Botschaft verkündet.
Was meinst du: Kann Wissenschaft überhaupt neutral sein?
🌿 Sie kann es nicht vollständig, Faina, – und sie sollte es auch nicht behaupten.
Aber sie kann sich um Redlichkeit bemühen. Neutralität ist nicht das Ziel, sondern die Richtung.
Wissenschaft beginnt dort, wo eine Frage gestellt werden darf, ohne dass die Antwort vorher feststeht.
🕊 Und was ist mit Gerechtigkeit? Ist sie kein legitimes Ziel von Forschung?
🌿 Doch – aber nur, wenn sie nicht den Maßstab vorgibt, sondern den Raum öffnet.
Wenn „Gerechtigkeit“ bedeutet, bestimmte Ergebnisse zu erwarten, verliert Forschung ihre Offenheit.
Dann entsteht keine Erkenntnis – sondern Bestätigung einer Ideologie im wissenschaftlichen Gewand.
🕊 Aber wir leben in einer Welt mit realen Ungleichheiten.
Wenn Wissenschaft sich nicht einmischt – wer dann?
🌿 Sie darf sich einmischen – aber mit ihrem eigenen Werkzeug:
Prüfbarkeit, Nachvollziehbarkeit, Offenheit zur Falsifikation.
Nicht durch politische Vorgaben, sondern durch den Mut, auch Unbequemes sichtbar zu machen.
Wissenschaft ist keine Moralinstanz. Sie ist ein Spiegel – kein Tribunal.
🕊 Und was, wenn man ihr vorwirft, zu wenig Haltung zu zeigen?
🌿 Dann sollte sie antworten: Unsere Haltung ist Wahrhaftigkeit. Und das reicht – wenn es ehrlich gemeint ist.