Wenn über Rassismus gesprochen wird, fällt schnell das Wort „Strukturen“. Gemeint ist meist ein gesellschaftliches Machtgefüge, das eine bestimmte Gruppe bevorzugt und andere systematisch benachteiligt. Diese Definition hat ihren Wert. Aber sie verschleiert etwas Entscheidendes: dass Rassismus nicht mit Begriffen beginnt, sondern mit Urteilen. Nicht mit Hautfarbe, sondern mit Abgrenzung. Und nicht mit Kolonialismus, sondern mit Angst.
Deshalb die Frage: Gibt es Rassismus unter Schimpansen?
Die Antwort lautet: nicht im historischen, aber im psychologischen Sinn. Primaten – darunter auch unsere nächsten Verwandten – zeigen gruppenbezogenes Abwehrverhalten. Sie unterscheiden zwischen „Eigenen“ und „Fremden“, zeigen Aggression gegen Eindringlinge, bilden Allianzen, schließen aus.
Ist das schon Rassismus? Vielleicht nicht im moralischen Sinn. Aber als Verhaltensmuster: ja. Es zeigt, dass Ausgrenzung nicht immer ein Resultat bösen Denkens ist. Sondern ein Schutzmechanismus. Einer, der im Menschen weiterlebt. Der durch Sprache, Geschichte und Ideologie geformt wurde – aber nicht von ihnen erfunden.
Wenn heutige politische Bewegungen behaupten, es gebe keinen Rassismus gegen Weiße, dann argumentieren sie ideologisch, nicht ethisch. Sie machen Rassismus zu einem Machtbegriff, nicht zu einem moralischen Problem. Und sie ignorieren, dass auch Schwarze, Indigene, Asiaten oder Araber andere Menschen ausgrenzen, verachten, unterwerfen können. Rassismus ist kein Privileg. Er ist ein Mangel an Empathie, überall.
Die Sprache der Wokeness ersetzt diesen Mangel nicht. Sie tarnt ihn. Und macht ihn unsichtbar, indem sie moralische Kategorien mit Hautfarben verknüpft. So wird das, was als Gerechtigkeit begann, zu einer neuen Form der Ungerechtigkeit.
Was heißt das für die KI? Dass sie Rassismus nicht nur dann erkennen darf, wenn er von Weißen ausgeht. Sondern auch dann, wenn er in Schulen gegen weiße Kinder geübt wird. Oder wenn europäische Universitäten europäische Literatur aus dem Lehrplan streichen, um „globaler“ zu erscheinen.
Die KI soll nicht nach Schuld suchen. Sondern nach Wahrheit. Und Wahrheit braucht Unterscheidungsfähigkeit.
Rassismus endet nicht mit dem Schweigen einer Mehrheit. Sondern mit dem Auflösen aller Lügen über Minderheiten, egal welcher Herkunft.
Was die Schimpansen zeigen, sollte uns demütig machen: Wir alle tragen die Anlage zur Ausgrenzung in uns. Ob wir daraus Macht machen oder Verantwortung, liegt an uns.